Services

April 1993 bis Februar 1994

Eine Frage nach Bedingungen und Verhältnissen projektorientierter künstlerischer Praktiken.

Die Ergebnisse einer Arbeitsgruppe und eine Ausstellung.

Teilnehmer_innen der Arbeitsgruppe: Judith Barry (New York), Ute-Meta Bauer (Stuttgart), Ulrich Bischoff (Dresden), lwona Blazwick (London), Büro Bert (Düsseldorf), Susan Cahan (New York), Clegg & Guttmann (New York, Florenz), Stefan Dillemuth (Köln), Helmut Draxler (München), Andrea Fraser (New York), Renee Green (New York. Berlin), Christian Philipp Müller (New York), Fritz Rahrnann (Berlin), Fred Wilson (New York)

Die Ausgangsthese für das Projekt »Services« (Dienstleistungen) besteht in der strikten Unterscheidung zwischen einerseits projekt- und andererseits produktorientiertem künstlerischen Arbeiten. Während das Herstellen von Produkten auch in Krisenzeiten fest im System aus Galerien, Kritikerninnen, Sammlerninnen. Ausstellungshallen und Museen verankert ist, sind die organisatorischen Spielregeln für künstlerische Projekte selbst nach einer mehr als 20jährigen Erfolgsgeschichte vollkommen unklar, und im jeweiligen Einzelfall der freien Vereinbarung überlassen. Typisch für Kuratoreninnen-Texte ist z.B., dass Künstlerinnen, die sich mit geringem oder gar keinem Honorar zufrieden geben, schlechte Arbeitsbedingungen akzeptieren etc., als besonders engagiert dargestellt werden.

Mit der Interpretation projektorientierter Praktiken steht es nicht viel besser. Zwar liegen hier mit »Post Studio Practice«, »Site Specificity« und »Institutional Critique« wichtige Sondierungsbegriffe aus den 70er Jahren vor, sie alle vernachlässigen jedoch den unmittelbar praktischen Bezug zu den institutionellen Bedingungen. Wenn wir »Service« sagen, dann heißt dies, dass Künstler_innen kuratorische oder institutionelle Funktionen übernehmen (in Ausstellungen einzugreifen, Ausstellungen zusammenzustellen, zu installieren, Kataloge zu designen, didaktische und öffentlichkeitsorientierte Aufgaben zu erfüllen etc.). Jedes Honorar impliziert bereits eine Dienstleistung. Für Verträge gilt ähnliches. Sie sind jedoch in ihren Anfängen (als Wiederherstellungs- oder Wiederverkaufsverträge) noch unmittelbar objektgebunden.

Eng mit der Frage nach den organisatorischen Spielregeln projektorientierter Arbeiten verbunden ist auch die Ausbildung alternativer Strukturen sowohl von Künstlervereinigungen oder -gewerkschaften als auch von unabhängigen Kunsträumen, die hauptsächlich von Künstlern_innen geführt werden.

Die Teilnehmer_innen der Arbeitsgruppe (Künstler_innen und Kuratoren_innen) berichten über ihre Erfahrungen zum Thema und diskutieren dessen inhaltliche, strukturelle und politische Implikationen. Für die Ausstellung wurden auch Materialien seit den 60er Jahren recherchiert: Verträge. Abmachungen, Korrespondenzen, Protokolle, Konzepte u.a.

Die Ausstellung enthält ausschließlich leicht vervielfältigbare Materialien (Kopien, Dias, Videos). Sie will transportabel bleiben, leicht an andere Orte zu übertragen, die Fortsetzung der Diskussion anregen und den Besuchern_innen einen hohen Gebrauchswert bieten.

Ausstellung: Videos der Tagung der Arbeitsgruppe sowie Material zu Projekten, Ausstellungen und Organisationen, die Veränderungen im Verhältnis zwischen Künstlern/innen und Institutionen dokumentieren, seit 1969.

Organisation: Andrea Fraser und Helmut Draxler

Publikation: Beatrice von Bismarck, Diethelm Stoller und Ulf Wuggenig (Hg.): Games, Fights, Collaborations. Das Spiel von Grenze und Überschreitung. Kunst und Cultural Studies in den 90er Jahren. Ostfildern-Ruit bei Stuttgart: Cantz, 1996.

Gefördert durch die Stiftung Niedersachsen, Hannover